In „Fucking fucking schön“ stellt Eva Rottmann in zehn kurzen Geschichten die gesamte Bandbreite jugendlichen Verliebtseins und beginnender Sexualität dar. Die zehn Jugendlichen leben in einer Kleinstadt und kennen sich, die meisten sind zwischen 15 und 17 Jahre alt. Jede:r erlebt ein ganz eigenes Liebesdrama:
Alex und Jenny sind verliebt, werden von ihren jeweiligen Schwärmen aber nur für eine gute Zeit angerufen. Melek ist auf Rache an Schulschönling und Player Fabian aus. Lou ist die Kleinstadt zu eng und macht sich auf den Weg ins queere Berlin, erlebt aber leider auf dem Weg einen sexuellen Übergriff. Milad liebt seine Freundin Mats, mit der er schon zwei Jahre zusammen ist und gemeinsam eine schöne Sexualität erkundet, aber seine Kumpel sind Großmäuler, sodass er alles für sich behält. Yasin und Leyla sind beide sehr verliebt ineinander; sie mit einiger Erfahrung; er mit keiner. Unsicherheiten und Interpretationen bringen sie fast auseinander, aber zum Glück kriegen sie die Kurve. So wie auch Ari und Tom, die nun endlich miteinander schlafen wollen, wobei auf der einen Seite der Penis nicht steif wird und auf der anderen Seite der ganze Körper einem Stück Holz ähnelt – bis der Zufall einen Lachflash verursacht und beide es nochmal ganz anders angehen können.
Rottmann gelingt es, erwachsene Leser:innen in die großen Sehnsüchte und Unsicherheiten jugendlicher Liebe mitzunehmen, indem sie die richtigen Situationen mit der richtigen Sprache kombiniert. Jede der zehn Personen hat ihren eigenen Erzählstil, ihre eigene Sprache. Es gibt Querverweise auf Protagonist:innen anderer Geschichten, sodass sich langsam ein Bild dieser Jugendgruppe zusammensetzt. Dabei fiebern die Leser:innen mit jeder Person mit und kommen ganz nah an ihre Ängste, Wünsche, Hoffnungen und auch Verzweiflung heran. So zum Beispiel bei Teddy, der Türsteher der Dorfdisko: „War mein erster Kuss überhaupt und ich sag’s wie’s ist. Ich hab nicht damit gerechnet, dass es mit einem Jungen passiert. Und gleichzeitig hat alles in mir gewusst, dass es mit einem Jungen passiert.“ Oder wenn wir mit Jenny mitfühlen, die an nichts anderes mehr denken kann als an Momo: „[…] noch zwei Mal schlafen, bis wir uns sehen. Das ist die Zeiteinheit, in der ich momentan mein Leben messe. Es gibt die Tage vor dir und die Tage nach dir.“ Pornos spielen eine große Rolle in diesen Geschichten. Es wird gezeigt, welchen Platz sie bei vielen Jungs einnehmen und welchen Ekel sie bei den meisten Mädchen erzeugen – und die Erkenntnis, dass die echte gemeinsame Sexualität eine ganz andere ist. Die über allem stehende Message in jeder Geschichte ist: Erlaubt ist, was dir als einzelner Person und euch als Paar guttut, nicht, was durch Gruppendruck oder falsche Vorbilder auf euch einwirkt. „Fucking fucking schön“ sollte in keiner (Schul-)Bibliothek fehlen.
Eva Rottmann: Fucking, Fucking schön.Berlin: Jacoby und Stuart, 2024. Ab 14 Jahren.