Alex, Grete, Leo und Jannis: vier Problemteenager, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch eins haben sie gemeinsam. Ihre Familien halten es mit ihnen nicht mehr aus und schicken sie daher in den Sommerferien auf einen Therapie-Kanu-Trip durch Schwedens Wälder. Dort geraten die Protagonist:innen mit ihren speziellen Charakteren schnell aneinander. Jannis hat ein Aggressionsproblem und weiß, dass diese Reise seine letzte Chance ist, bevor er zuhause rausfliegt. Trotzdem eckt er immer wieder mit der rebellischen Alex an, die es hasst, so weit weg von ihrer besten Freundin Jessy zu sein. In Grete findet sie das perfekte Opfer für ihre Provokationen und Sticheleien. Und dann ist da noch Leo, der während der Reisen mit den Entzugserscheinungen seiner Handy- und Zigarettensucht zu kämpfen hat und immer wieder völlig plötzlich ausflippt. In der Einöde der schwedischen Wildnis sind die Jugendlichen gezwungen, sich mit ihren Problemen auseinanderzusetzen und gehen dabei völlig unterschiedlich mit den Erwartungen, dem Frust und den Erlebnissen von zuhause um.
Die Autorin geht mit viel Empathie auf die persönlichen Geschichten der Jugendlichen ein und schafft es, dass die vier einem beim Lesen ans Herz wachsen. Während ihre extremen Verhaltensweisen zu Beginn des Buches noch wenig verständlich und an manchen Stellen schockierend sind, werden den Leser:innen nach und nach die Vergangenheit und Traumata von Alex, Grete, Leo und Jannis offenbart und sie erleben mit, wie die Schutzmauern zu bröckeln beginnen. Dabei werden ihre Probleme hautnah geschildert und authentisch erzählt, ohne diese zu beschönigen. Zugleich scheinen die Situationen der Systemsprenger trotzdem nicht ausweglos, sodass das Buch allen Menschen, die sich in die Lage der Protagonist:innen hineinversetzen können, Mut macht.
Der emotionale Schreibstil der Autorin unterstützt die eindrückliche Wirkung des Textes. Dass die Geschichte in kurzen Kapiteln aus den fünf Ich-Perspektiven der Protagonist:innen erzählt wird, kommt verstärkend hinzu und lässt die Leser:innen in die Gefühlswelten der Figuren eintauchen. Das Setting, die schwedische Wildnis, verhindert jede Ablenkungen von den tiefgreifenden Thematiken. Die Geschichte des vorbestraften Betreuers Tommi schließt an Popescus Titel „Ein Lächeln sieht man auch im Dunkeln" an und lädt ein, direkt das nächste Buch der Autorin zu lesen. Ein lebensnaher und fesselnder Coming-of-Age-Roman, der beim Lesen eine Achterbahn der Gefühle verspricht!
Adriana Popescu: Der Sommer, als wir träumen lernten. München: cbj, 2024. Ab 14 Jahren