Die Internationale-Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) erbringt alle 5 Jahre einen internationalen Vergleich der Leistung von Bildungssystemen in Hinblick auf die Lesekompetenz von Schüler:innen der 4. Klasse. Während die Veröffentlichung der Ergebnisse von IGLU 2021 auf das neue Jahr verschoben wurde, hat das Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) an der Technischen Universität Dortmund im Dezember vorab eine Sonderauswertung „Zum Stand von Wortschatz und Leseverhalten bei Viertklässler:innen in Deutschland“ herausgegeben, welche auf derselben, für Deutschland repräsentativen Erhebung basiert. Anhand der Ergebnisse stellt das Forschungsteam des IFS einen großen Bedarf an gezielter und systematischer Sprachförderung fest, um der bestehenden Bildungsungleichheit entgegenzuwirken.
Sprach- und Lesekompetenz sind wichtige Grundsteine für den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen in allen Fächern. Die Sonderauswertung des IFS zieht den Wortschatz als Indikator für die Sprachkompetenz heran und untersucht, welchen Einfluss das Leseverhalten und die familiären Hintergründe der etwa 4.600 Viertklässler:innen auf ihren Wortschatz ausüben.
Die Auswertung des Leseverhaltens ergab, dass etwa die Hälfte der Viertklässler:innen täglich oder fast täglich ein Buch liest, während jedes fünfte Kind höchstens einmal im Monat zum Buch greift. Ein höherer Bildungsabschluss der Eltern wirkt sich erwartungsgemäß positiv darauf aus, wie häufig die Kinder lesen. Ebenso steht die Menge der im Haushalt vorhandenen Bücher im positiven Zusammenhang mit dem Leseverhalten. Der mittlere Wortschatz der Viertklässler:innen fiel grundsätzlich größer aus, je häufiger sie Bücher lesen. Der größte Förderbedarf wurde bei Kindern festgestellt, deren Eltern nicht in Deutschland geboren wurden.
Nennenswert ist, dass der Wortschatz unabhängig von anderen Faktoren im Mittel kleiner ausfiel, je häufiger die Kinder außerhalb der Schule an digitalen Geräten lasen. Als eine mögliche Ursache nennt das Forschungsteam, dass sich die Art der an digitalen Geräten gelesenen Texte vermutlich von Buchtexten unterscheidet. Wenn davon ausgegangen wird, dass kürzere Texte wie z.B. Chatnachrichten oder Anweisungen in Apps entweder keinen umfangreichen Wortschatz enthalten, oder dass unbekannte Wörter dort durch den fehlenden Kontext nicht erschlossen werden können, dann trägt das Lesen dieser Texte folglich nicht zu einem größeren Wortschatz bei. Ein Negativeffekt kann möglicherweise entstehen, wenn durch ein solches Leseverhalten an digitalen Geräten das Lesen von Büchern ausbleibt.
Im Fazit der Sonderauswertung weist das Forschungsteam des IFS erneut auf die Bedeutung der Sprachkompetenz für einen erfolgreichen Bildungs- und Lebensweg hin und rät dringend zu einer regelmäßigen Diagnostik ab der ersten Klasse mit daran anschließenden Fördermaßnahmen unter Einbeziehung der Familien.
Eine Pressemitteilung des IFS und den ausführlichen Bericht zur Sonderauswertung finden Sie hier.